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9. WARUM IST BRUSSEL ZWEISPRACHIG, WENN DORT NUR EINE KLEINE MINDERHEIT VON NIEDERLANDISCHSPRACHIGEN LEBT?

Warum ist Englisch keine offizielle Sprache in einer internationalen Stadt wie Brüssel? Brüssel ist zweisprachig: Französisch und Niederländisch sind die offiziellen Sprachen. Dennoch lebt in Brüssel nur eine kleine Minderheit von Flamen. Das wird Ihnen vielleicht fremd vorkommen, der Grund ist aber einfach. Brüssel war über Jahrhunderte eine niederländischsprachige Stadt und ist heute noch immer die Hauptstadt Flanderns.

 

DIE REGION BRÜSSEL HAUPTSTADT

Die neunzehn Brüsseler Gemeinden bilden zusammen die Region Brüssel-Hauptstadt. Die Stadt Brüssel ist eine der neunzehn Gemeinden und ist ebenso die Hauptstadt Flanderns und Belgiens. Seit der Einteilung unseres Landes in Sprachgebiete ist die Region Brüssel-Hauptstadt offiziell zweisprachig. Dennoch liegt Brüssel eingeschlossen in Flandern, dessen Hauptstadt es auch ist.

Indem Flandern Brüssel als Hauptstadt gewählt hat, und indem man entschieden hat, auch die Flämische Regierung, das Flämische Parlament und die Verwaltung dort anzusiedeln, hat Flandern dafür gewählt, die engen Beziehungen zwischen Flandern und Brüssel zu betonen. Brüssel ist jedoch auch die Hauptstadt Belgiens und Europas und ist dadurch zu einer multikulturellen Metropole gewachsen. Von den mehr als 1 Million Einwohnern sind dreißig Prozent keine Belgier. Brüssel ist offiziell zweisprachig, in der Praxis ist die Stadt jedoch schon lange mehrsprachig. Es spricht für sich, dass die flämische Minderheit (sowie auch die hunderttausende von Pendlern die täglich aus Flandern nach Brüssel kommen) dort ihre eigene Sprache benutzen können müssen. Die zahlreichen Ausländer die in Brüssel wohnen, können das nicht, auch nicht auf Englisch, und das erregt manchmal Ärger. Die Erklärung ist teilweise historisch, teilweise politisch.


VON EINER NIEDERLÄNDISCHSPRACHIGEN ZU EINER MEHRSPRACHIGEN STADT

Aus historischem Blickpunkt betrachtet, ist Brüssel eine niederländischsprachige Stadt. Bei ihrem Entstehen im zehnten Jahrhundert bis zum achtzehnten Jahrhundert war Brüssel sogar eine fast ausschließlich niederländischsprachige Stadt. Im neunzehnten Jahrhundert, nach der Unabhängigkeit Belgiens, änderten sich die Sprachverhältnisse. Indem Belgien Französisch als offizielle Sprache wählte, dominierte Französisch allmählich das öffentliche Leben und wurde es die Sprache des Gerichts, der Verwaltung, der Armee, der Kultur und der Medien. Als Sprache der politischen und wirtschaftlichen Elite wuchs die französische Sprache zu einem Statussymbol.
In der neuen Hauptstadt Brüssel gab es eine Bevölkerungsexplosion. Im Jahre 1830 gab es in Brüssel 50 000 Einwohner. 1875 waren es schon 250 000 und 1914 betrug die Einwohnerzahl 750 000. Als politisches, finanzielles und wirtschaftliches Zentrum bekam Brüssel eine Französisch sprechende Ober- und Mittelschicht. Primar- und Sekundarunterricht wurde nur auf Französisch erteilt, sodass die französische Sprache sich auch in die niedrigeren sozialen Klassen hineinschlich. Die zahlreichen Einwanderer, die meisten von ihnen aus Flandern, mussten Französisch sprechen, wenn sie die Gelegenheit bekommen wollten, höher hinaus zu kommen. Daher setzte sich die Französisierung in Brüssel schnell durch.


OFFIZIELL ZWEISPRACHIG

Als Belgien 1962 in vier Sprachgebiete eingeteilt wurde, wurde Brüssel offiziell zweisprachig. Das zweisprachige Gebiet beschränkte sich auf die neunzehn Gemeinden, die schon die Brüsseler Agglomeration bildeten. 1989 wurden die Grenzen von Brüssel und dessen zweisprachigen Statuts noch mal bekräftigt, und zwar mit einer besonderen Mehrheit im Parlament. In den beiden Kammern des föderalen Parlaments wurde das Gesetz von zweidrittel der Abgeordneten genehmigt, mit einer Mehrheit sowohl in der niederländischsprachigen als auch in der französischsprachigen Sprachgruppe. Da die Flamen in Brüssel eine Minderheit bilden, ist auch ihre politische Vertretung in Brüssel in der Minderzahl. Heute haben die Flamen eine garantierte Vertretung im Brüsseler Parlament. Wenn eine Brüsseler Gemeinde einen flämischen Beigeordneten ernennt, bekommt sie zusätzlich finanzielle Unterstützung.


ENGLISCH ALS VIERTE NATIONALSPRACHE?

Durch die hohe Anzahl von Anderssprachigen, stellen manche vor, Englisch als vierte Nationalsprache einzuführen. So könnte den zahlreichen internationalen Einwohner in Brüssel auf Englisch weitergeholfen werden. Vielleicht scheint es erwünscht für die internationale Gemeinschaft, praktisch und politisch erweist sich so etwas jedoch als nicht machbar. Heute kämpfen Brüssel und seine öffentlichen Dienste ja schon mit dem zweisprachigen Statut.

 

 

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10 FRAGEN

 

  1. Welche Sprache spricht man in Belgien?
  2. Welche Sprache soll ich bei der Kommunikation mit den Behörden benutzen?
  3. Welche Sprache wird in der Schule gesprochen?
  4. Welche Sprache wird in Betrieben und Krankenhäusern gesprochen?
  5. Wie informiere ich mich am besten über die belgische Aktualität?
  6. Weshalb ist Belgien nicht einfach zweisprachig?
  7. Weshalb halten die Flamen so an der Einsprachigkeit im Vlaamse Rand fest?
  8. Warum bleiben Randgemeinden um Brüssel flämisch, auch wenn dort eine Mehrzahl von Anderssprachigen lebt?
  9. Warum ist Brüssel zweisprachig, wenn dort nur eine kleine Minderheit von Niederländischsprachigen lebt?
  10. Warum will Flandern den Minderheitenvertrag nicht ratifizieren?